Bildende Kunst, heute
Im Herbst 2007, sitze ich in meinem Zimmer,
inmitten Europas. Wo bin ich, wo bin ich hingeraten? Freilich nicht hinsichtlich des Ortes, sondern meine Gedanken betreffend. In den letzten hundert Jahren, hier, in dieser Umgebung, spielten sich große Revolutionen ab, sowohl auf gesellschaftlicher, technischer und kultureller Ebene. Wir haben haufenweise Dinge verändert und diese haben unser Leben verändert. Uns wurde der Anarchismus vertraut gemacht, wenn auch mit anderen Erklärungen, haben wir ihn zum Herrscher gemacht, in der Bildenden Kunst, in der Musik, der Wissenschaft, dem Theater und auch in unserer Lebensführung. In diesem “Wahnsinn“ wurden die hundert-, (oder?), tausendjährigen Ideale und Sitten als veraltet benannt und abgewertet. Stattdessen haben wir mit einigen mutigen Hieben neue Dinge geschaffen, sind wir so weit gegangen, dass auch das Schlechte, die Hässlichkeit und andere negative Eigenschaften, das positive Halbfeld einkreisten und allmählich die ästhetischen Bedürfnisse unseres Lebens wurden. Die Revolutionen wurden immer von Vernachlässigten unserer Gesellschaft angefangen. Die Emanzipations-
bewegung, die die größte Revolution des 20. Jahrhunderts wurde, in Vorzeiten wahrscheinlich von einem Dutzend rauchender und trinkender Frauen, im Hinterhof einer Kneipe, angefangen. Heute zurückschauend ist das völlig egal! Die Bewegung wünschte sich, dass das Verhältnis zwischen Frau und Mann erneuert würde, um die Rolle und Anerkennung „der Frau in der Gesellschaft“ zu arrangieren. Bis heute ist kein Ende zu finden. Aber die Angelegenheit ist nicht so einfach, weil weder die Frauenbewegungen, noch sämtliche Sektionen der Moderne und deren Auswirkungen, die biologische Funktion des Menschen nicht verändern konnten. Die Gesellschaft, genau von dieser unveränderlichen Biologie gesehen, ist wirklich kompliziert. Verständlicherweise musste die Beziehung zwischen Frau und Mann, von gesellschaftlichen Bewertungen unberührt bleiben. Das Mann-Frau-Verhältnis ist ungebrochen und ewig, das wichtigste Bedürfnis der Gesellschaft, hinsichtlich des Erscheinens und der Natur, unendlich verzweigend, geheimnisvoll, mysteriös und intim. Schroff ausgedrückt: “Alle nehmen daran teil, aber niemand kennt sich aus“.
Nehmen wir einen weiteren Schritt. Was vermittelt uns die Bildende Kunst heute? Alle, die sich in unserer Gesellschaft befinden und erwähnenswert sind. In der figuralen Kunst wird die menschliche Gestalt modelliert. Die Expressionisten sind ebenso Menschen, die nicht aus der eigenen Haut ausschlüpfen können. Egal was sie machen, alles sind Produkte des menschlichen biologischen Geistes. Das Produkt des menschlichen Geistes kann vom Wesentlichen des Menschen nie vollkommen entfremdet werden. Wenn heutzutage der/die „ahnungslose“, ständige Ausstellungs-
besucher/in eine Vernissage besucht, in sich aufseufzend denkt: „Schon wieder Minimal Art“. Der genannte Stil ist, wie bekannt, ein heutzutage allzu beliebter Zweig des Expressionismus, also modern. Wenn wir die obige Situation durchdenken, unser Mensch hätte das Folgende flüstern können: „Schon wieder das Traditionelle“: Die Moderne Kunst wurde 100 Jahre alt, wirkte über Generationen und fungiert heute auch selbstverständlich. Faktum: Auch die Moderne wurde Tradition. Die Bildende Kunst hat heute zwei Traditionen, die nie aufgegebene figurale Kunst, die in den letzten 2-3 Jahren an räumlicher Bedeutung gewonnen hat und die modernen, expressiven, nonfiguralen Darstellungen.
Gusswerk, Wien, 2007……………………….........…Balint<